Nicht spektakulär und doch sehr beeindruckend

Über elf Geschosse reckte sich das Baugerüst in die Höhe. Die Fassade des Gebäudes Karl-Reimann-Ring 6 am Roten Berg wurde saniert. Die Fassade selbst sieht auf den ersten Blick nicht sonderlich verändert aus, jedenfalls nicht aus der Entfernung. Was also rechtfertigt eine Bauzeit von fünf Monaten und eine entsprechende Einrüstung? 

Sven Lorber, Teamleiter Technik/Großmaßnahmen bei der WBG, erklärt, dass Schäden am Beton – Risse, Abplatzungen und Löcher, die sich im Laufe der Jahrzehnte gebildet haben – dafür verantwortlich sind, dass teilweise der in den Platten eingeschlossene Stahl offen liegt. Der wiederum korrodiert durch Witterungseinflüsse und ihn gilt es zu schützen, denn von ihm hängt die gesamte Statik eines Plattenbaus ab, er bildet zusammen mit dem intakten Beton als Verbundbaustoff dessen Tragwerk. Die Aufgabe bestand also darin, den Stahl wieder vollständig von Beton umschließen zu lassen und Fehlstellen im Beton auszubessern. Dies wurde durch eine umfassende Betonsanierung einer qualifizierten Fachfirma realisiert. Je nach Tiefe der Abplatzungen und Löcher mussten dazu zwei bis drei Schichten aufgetragen werden einschließlich eines Korrosionsschutzes für den Stahl.

Aus drei Schichten besteht eine solche Betonplatte: aus der Tragschale, der Dämmung und der Wetterschutzschale. Die Platten wurden einst im Betonwerk industriell gefertigt. In die Wetterschutzschale wurde eine Bekiesung eingearbeitet – also die kleinen unterschiedlich farbigen Kiesel, die die Optik der Fassade prägen. „Die Bekiesung ist noch in Ordnung und ist ein Teil der damaligen Wetterschutzschale. Sie ist langlebig und sehr resistent gegenüber Umwelteinflüssen und Verschmutzung“, erklärt Sven Lorber. 

Vieles spricht dafür: Die Bekiesung ist dauerhaft und braucht keinen Farbanstrich, der ca. alle 15 Jahre zu erneuern wäre. Dafür würden allein rund 100.000 Euro Gerüstkosten anfallen, von Farbe und Malerhandwerkskosten ganz zu schweigen. 

Am Giebel wurde eine Wärmedämmfassade angebracht. Auf einem Aluschienensystem wurden Eternitplatten verankert, dazwischen eine nicht brennbare Mineralwolldämmung eingebracht. Für die außen liegenden Wohnungen bedeutet dies auch einen besseren Wärmeschutz. 

Auch an den Balkongeländern, insbesondere an den Betonriegeln und an den Fußpunkten, wo die Geländerpfosten befestigt sind, hatte der Zahn der Zeit genagt. Manche Betonriegel mussten statisch mit Stahlwinkeln und Konsolen nachgesichert werden. Gemeinsam mit einem Statiker wurden die entsprechenden Maßnahmen vor Ort festgelegt. 

Die Balkonböden wurden ebenfalls umfassend in die Kur genommen: Löcher verspachtelt und schließlich eine witterungsbeständige Epoxydharzbeschichtung aufgetragen. Die Balkongeländer wurden entrostet und gestrichen.Eine neue Verkleidung aus farbigen Aluminiumwellen wurde anschließend angebracht. Auch die Balkonwände erhielten nach der Sanierung des Betons einen neuen Farbanstrich.

Und dann waren noch die Fugen zwischen den Platten dran. Der ursprünglich verbaute Dichtstoff musste herausgestemmt und durch einen Dämmstoff ersetzt werden. Abschließend wurde jede Fuge in der vertikalen und horizontalen Ausrichtung und an den Balkonen mit einem Polysulfitband abgedichtet. Das sind elastische Fugenbänder, die sehr haltbar sind. 

Unterhalb des Daches wurde die Belüftung der Drempel erneuert. Metallgitter sorgen für eine gute Durchlüftung im Dachbereich, was bauphysikalisch notwendig ist. Die gesamte Sanierungsmaßnahme war durch eine Baubiologin begleitet worden, damit Fledermäuse und Mauersegler, die unter Naturschutz stehen, nicht beeinträchtigt werden. Sie erhielten nach der Sanierung Ersatznistkästen.

Zentimeter für Zentimeter arbeiteten sich die Handwerker an der Fassade ab. Und das auf rund 13.300 Quadratmetern Fassadenfläche. In jeder Etage gab es Abplatzungen, zu dämmende Fugen, zu sanierende Balkone.

2,5 Millionen Euro kostete die Sanierung des gesamten Gebäudes, pro Quadratmeter Wohnfläche sind das rund 128 Euro. Kosten, die im Übrigen nicht auf die Nutzungsentgelte umgelegt wurden.

Die Bilder zeigen, mit welcher Akribie hier gearbeitet wurde.

Sven Lorber, Teamleiter Technik / Großmaßnahmen bei der WBG, hatte die Baumaßnahmen im Blick

 

Risse im Beton und Abplatzungen der Betonschicht lassen den darunter liegenden Stahl korrodieren 

 

Fugen zwischen den Platten

 

Balkone und Fugen wurden mit einem Polysulfitband abgedichtet

 

Ersatznistkästen wurden nach der Sanierung an der Fassade angebracht

 

neue Verkleidungen aus Aluminiumwellen wurden angebracht